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Medizinprodukte

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Die Klassifizierung von Medizinprodukten ist ein zentraler Bestandteil der Medical Device Regulation (MDR) 2017/745. Sie dient dazu, das Risikopotenzial eines Produkts zu bewerten und die regulatorischen Anforderungen festzulegen. Die Klassifizierung erfolgt in Klassen I, IIa, IIb und III, wobei die Risiken und die Anforderungen an die Konformitätsbewertung mit steigender Klasse zunehmen.
Grundsätze der Klassifizierung
Die Klassifizierung basiert auf:
- Zweckbestimmung: Was ist die vorgesehene Nutzung des Produkts?
- Funktionsweise: Wie wirkt das Produkt (z. B. mechanisch, pharmakologisch, elektrisch)?
- Dauer der Anwendung:
- Kurzzeitig: Weniger als 60 Minuten.
- Langzeitig: Mehr als 30 Tage.
- Ort der Anwendung: Körperoberfläche, invasiv, implantiert, etc.
- Risiken: Welches Risiko besteht für Patienten, Anwender oder Dritte?
Die genauen Kriterien für die Klassifizierung sind in Anhang VIII der MDR beschrieben.
Die Klassen der Medizinprodukte
1. Klasse I (geringes Risiko)
- Produkte mit minimalem Risiko für den Patienten oder Anwender.
- Beispiele:
- Verbandsmaterial
- Lesebrillen ohne Sehstärkenanpassung
- Krankenbetten
- Anforderungen:
- Selbstzertifizierung durch den Hersteller (ohne Benannte Stelle), außer das Produkt ist steril, misst eine Funktion oder ist wiederverwendbar (dann: Klasse Is/m/r).
2. Klasse IIa (mittleres Risiko)
- Produkte mit erhöhtem Risiko, die nicht invasiv oder kurzzeitig invasiv sind.
- Beispiele:
- Kontaktlinsen
- Hörgeräte
- Infusionspumpen
- Anforderungen:
- Konformitätsbewertung durch eine Benannte Stelle erforderlich.
- Geringerer Aufwand im Vergleich zu höheren Klassen.
3. Klasse IIb (höheres Risiko)
- Produkte mit höherem Risiko, oft mit längerer oder dauerhafter Anwendung und direkter Einwirkung auf lebenswichtige Funktionen.
- Beispiele:
- Herz-Lungen-Maschinen
- Dialysegeräte
- Langzeitimplantate (z. B. Endoprothesen)
- Anforderungen:
- Umfassendere Prüfungen und Dokumentationen durch eine Benannte Stelle.
- Regelmäßige Audits und Zertifizierungen.
4. Klasse III (höchstes Risiko)
- Produkte mit sehr hohem Risiko, oft invasiv, implantiert oder mit unmittelbarer Beeinflussung lebenswichtiger Prozesse.
- Beispiele:
- Herzklappen
- Stents
- Implantierbare Insulinpumpen
- Anforderungen:
- Strengste Prüfungen und Nachweise erforderlich.
- Klinische Bewertung und Daten aus klinischen Studien verpflichtend.
- Überwachung durch eine Benannte Stelle.
Sonderregelungen
Einige Produkte haben spezifische Klassifizierungsanforderungen:
- Software:
- Kann in jeder Klasse (I bis III) eingestuft werden, je nach Zweck und Risiko (z. B. Diagnosesoftware für kritische Erkrankungen = Klasse III).
- Kombinationsprodukte:
- Produkte, die Medizinprodukte und Arzneimittel kombinieren, werden nach ihrem Hauptzweck klassifiziert.
- In-vitro-Diagnostika (IVD):
- Werden nach eigener Klassifizierung (IVDR) bewertet, nicht nach der MDR.
Praktische Schritte zur Klassifizierung
- Zweckbestimmung dokumentieren:
- Definiere, was das Produkt leisten soll.
- Kriterien von Anhang VIII analysieren:
- Nutze die 22 Klassifizierungsregeln der MDR.
- Benötigte Klasse bestimmen:
- Wähle die Klasse entsprechend den definierten Risiken und Eigenschaften.
- Konformitätsbewertung vorbereiten:
- Je nach Klasse unterschiedliche Nachweise (z. B. klinische Daten, Risikoanalysen) erstellen.
Zusammenfassung der Unterschiede
Klasse | Risikopotenzial | Beispiele | Anforderungen |
Klasse I | Gering | Verbandmaterial, Brillen | Selbstzertifizierung |
Klasse IIa | Mittel | Hörgeräte, Infusionspumpen | Prüfung durch Benannte Stelle |
Klasse IIb | Hoch | Herz-Lungen-Maschinen, Langzeitimplantate | Umfassende Prüfungen und Dokumentation |
Klasse III | Sehr hoch | Herzklappen, Stents | Strengste Prüfungen und klinische Daten |
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