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Artikel 16 der MDR 2017/745 – Fälle, in denen Wirtschaftsakteure die Herstellerverpflichtungen übernehmen
Artikel 16 der Medizinprodukteverordnung (MDR) 2017/745 definiert Situationen, in denen Händler, Importeure oder andere Wirtschaftsakteure als Hersteller angesehen werden und somit die vollständigen Verpflichtungen eines Herstellers übernehmen müssen.
Er legt auch fest, unter welchen Bedingungen diese Akteure bestimmte Änderungen an Medizinprodukten vornehmen dürfen, ohne als Hersteller zu gelten.
1. Fälle, in denen ein Händler oder Importeur als Hersteller gilt
Ein Händler oder Importeur wird als Hersteller betrachtet und unterliegt der vollständigen Konformitätsbewertung nach MDR, wenn er folgende Tätigkeiten ausführt:
Anbringung des eigenen Namens, der eigenen Marke oder des eigenen Handelsnamens auf einem Medizinprodukt, sodass der ursprüngliche Hersteller nicht mehr eindeutig erkennbar ist.
- Wesentliche Änderungen oder Modifikationen an einem bereits in Verkehr gebrachten Produkt, die die ursprüngliche Konformität beeinflussen könnten.
- Veränderung der Zweckbestimmung eines Produkts (z. B. ein anderes Anwendungsgebiet oder neue Patientengruppen).
Diese Tätigkeiten führen dazu, dass der Wirtschaftsakteur die vollen Herstellerpflichten gemäß MDR übernehmen muss, einschließlich:
- Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens
- Ausstellung einer neuen EU-Konformitätserklärung
- Beantragung einer neuen CE-Kennzeichnung
- Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 13485
- Erfüllung der Meldepflichten gegenüber Behörden und Benannten Stellen
2. Fälle, in denen ein Händler oder Importeur nicht als Hersteller gilt
Ein Händler oder Importeur wird nicht als Hersteller angesehen, wenn er lediglich folgende Änderungen vornimmt:
- Übersetzung der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung
- Die Übersetzung muss korrekt und vollständig sein.
- Die Sicherheit und Leistung des Produkts dürfen nicht beeinträchtigt werden.
- Änderung der Verpackung eines bereits in Verkehr gebrachten Produkts
- Dies kann notwendig sein, um die Vermarktung in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu ermöglichen.
- Das Produkt darf durch die Änderung keine neue Zweckbestimmung erhalten.
Für diese Änderungen gelten besondere Pflichten, damit die ursprüngliche CE-Kennzeichnung und die Konformität erhalten bleiben.
3. Anforderungen für Händler und Importeure bei Übersetzungen oder Umverpackungen
Falls Händler oder Importeure eine Übersetzung der Produktinformationen oder eine Umverpackung vornehmen, müssen sie spezifische Anforderungen der MDR erfüllen, um die ursprüngliche Konformität des Produkts sicherzustellen.
a) Qualitätsmanagementsystem (QMS)
- Der Wirtschaftsakteur muss ein angemessenes QMS einrichten, das sicherstellt, dass die Änderungen korrekt durchgeführt werden.
- Das QMS muss folgende Punkte abdecken:
- Validierung der Übersetzungen, um die inhaltliche Richtigkeit zu gewährleisten.
- Verifizierung der neuen Verpackung, um sicherzustellen, dass keine Fehler oder Risiken entstehen.
- Dokumentation aller Änderungen und Risikobewertungen.
b) Vorab-Notifizierung an die zuständige Behörde
- Mindestens 28 Tage vor dem Inverkehrbringen muss der Händler oder Importeur die zuständige Behörde informieren.
- Er muss nachweisen, dass:
- Die Änderungen die ursprüngliche Konformität des Produkts nicht beeinträchtigen.
- Ein wirksames Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist.
- Die Gebrauchsanweisung oder Verpackung korrekt geändert wurde.
Auf Verlangen der Behörde muss der Wirtschaftsakteur eine Musterverpackung oder -übersetzung zur Prüfung vorlegen.
c) Kennzeichnungspflichten
Falls eine Übersetzung oder Umverpackung erfolgt, müssen folgende Angaben auf dem Produkt, der Verpackung oder den Begleitdokumenten gemacht werden:
- Name und Anschrift des Wirtschaftsakteurs, der die Änderungen vorgenommen hat.
- Eine Erklärung, dass die Änderungen gemäß Artikel 16 MDR durchgeführt wurden.
- Die CE-Kennzeichnung des ursprünglichen Herstellers muss erhalten bleiben.
4. Dokumentation und Rückverfolgbarkeit
Händler und Importeure müssen alle Änderungen sorgfältig dokumentieren und eine Rückverfolgbarkeit sicherstellen.
Dazu gehören:
- Nachweise über die Einhaltung der MDR-Anforderungen
- Übersetzungs- und Verpackungskontrollen
- Prüfberichte zur Qualitätssicherung
- Kommunikation mit den zuständigen Behörden
Alle relevanten Dokumente müssen für mindestens 10 Jahre nach dem letzten Inverkehrbringen aufbewahrt werden.
5. Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Artikel 16 MDR
Falls Händler oder Importeure die oben genannten Pflichten nicht erfüllen, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Marktrückrufe und Sanktionen
- Behörden können das Produkt vom Markt nehmen.
- Es können Bußgelder oder Strafen verhängt werden.
Haftung als Hersteller
- Falls eine unzulässige Änderung vorgenommen wurde, haftet der Wirtschaftsakteur als Hersteller für alle möglichen Risiken und Schäden des Produkts.
Verlust der Marktzulassung
- Produkte, die nicht den Anforderungen entsprechen, dürfen in der EU nicht weiter verkauft oder verwendet werden.
Unterm Strich:
Ein Händler oder Importeur gilt nur dann als Hersteller, wenn er wesentliche Änderungen an einem Medizinprodukt vornimmt oder es unter seinem eigenen Namen vertreibt nach Artikel 16.
Bei reinen Übersetzungen oder Umverpackungen ist eine sorgfältige Einhaltung der MDR-Anforderungen erforderlich, einschließlich Qualitätsmanagement, behördlicher Vorabinformation und Kennzeichnungspflichten.
Fehlende Einhaltung kann zu Rückrufen, Sanktionen und Haftung als Hersteller führ