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Artikel 84 der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) – Plan für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS-Plan)
Der Artikel 84 MDR beschreibt die Anforderungen an den Plan für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance Plan, PMS-Plan). Der PMS-Plan ist ein zentrales Dokument, das beschreibt, wie Hersteller die Überwachung ihrer Medizinprodukte nach deren Markteinführung systematisch und proaktiv durchführen. Dieses Dokument ist ein integraler Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems und der technischen Dokumentation des Produkts.
1. Zweck des PMS-Plans
Der PMS-Plan legt die Struktur und Methoden fest, mit denen ein Hersteller:
- Daten über die Sicherheit und Leistung des Produkts nach dessen Markteinführung sammelt und auswertet.
- Neue Risiken identifiziert und bestehende Risikobewertungen überprüft.
- Korrekturmaßnahmen einleitet, wenn Probleme festgestellt werden.
- Die klinische Bewertung und das Risikomanagement während des gesamten Lebenszyklus des Produkts kontinuierlich aktualisiert.
2. Allgemeine Anforderungen an den PMS-Plan nach Artikel 84
a) Pflicht zur Erstellung eines PMS-Plans
- Jeder Hersteller muss für jedes Medizinprodukt oder jede Produktfamilie einen PMS-Plan erstellen.
- Der Plan muss Teil der technischen Dokumentation sein und ist für die benannten Stellen und zuständigen Behörden auf Anfrage zugänglich.
b) Anpassung an das Risikoprofil
- Der Umfang und die Komplexität des PMS-Plans müssen an die Risikoklasse des Produkts angepasst sein:
- Für hochrisikobehaftete Produkte (Klassen IIb und III) sind detailliertere und häufigere Überwachungsmaßnahmen erforderlich.
- Für niedrig-risikobehaftete Produkte (Klasse I) können vereinfachte Überwachungsmaßnahmen ausreichend sein.
3. Inhalt des PMS-Plans nach Artikel 84
Der PMS-Plan muss mindestens folgende Elemente enthalten (gemäß Anhang III MDR):
a) Strategien und Verfahren zur Datensammlung
- Der Plan muss eine detaillierte Beschreibung der Methoden enthalten, mit denen der Hersteller Daten sammelt, einschließlich:
- Aktive Datensammlung (z.B. Post-Market Clinical Follow-up, PMCF).
- Passive Datensammlung (z.B. Kundenbeschwerden, Vigilanzmeldungen).
b) Datenquellen
Der Hersteller muss definieren, aus welchen Quellen die Daten stammen, beispielsweise:
- Kundenfeedback und Beschwerden.
- Vigilanzberichte über schwerwiegende Vorkommnisse und Korrekturmaßnahmen im Feld.
- Wissenschaftliche Literatur und Fachveröffentlichungen.
- Regulatorische Datenbanken wie die EUDAMED-Datenbank.
- Post-Market Clinical Follow-up (PMCF)-Daten.
c) Rollen und Verantwortlichkeiten
- Der PMS-Plan muss die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure im Unternehmen klar definieren.
- Die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person (gemäß Artikel 15 MDR) muss in den PMS-Prozess eingebunden sein.
d) Datenanalyse und Bewertung
- Beschreibung der Methoden zur Analyse der gesammelten Daten.
- Statistische Methoden zur Identifizierung von Trends oder potenziellen Risiken.
- Verfahren zur Überprüfung der Risiko-Nutzen-Bewertung.
e) Maßnahmen basierend auf den Ergebnissen
- Der Plan muss definieren, wie auf die Analyseergebnisse reagiert wird, z.B.:
- Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen (CAPA).
- Änderungen am Produktdesign oder an der Gebrauchsanweisung.
- Rückrufe oder Sicherheitsmitteilungen.
f) Integration mit anderen Systemen
- Der PMS-Plan muss mit dem Risikomanagementprozess (gemäß ISO 14971) und der klinischen Bewertung (Artikel 61 MDR) abgestimmt sein.
- Die Ergebnisse der PMS müssen regelmäßig in diese Prozesse zurückgeführt werden.
4. Spezifische Anforderungen je nach Risikoklasse nach Artikel 84
a) Produkte der Klasse I
- Für Produkte der Klasse I ist ein einfacher PMS-Bericht ausreichend.
- Die Überwachungsmaßnahmen können weniger komplex sein, da das Risiko dieser Produkte geringer ist.
b) Produkte der Klassen IIa, IIb und III
- Für höherklassifizierte Produkte müssen detailliertere PMS-Pläne erstellt werden.
- Es müssen regelmäßig Periodische Sicherheitsberichte (PSUR) erstellt und der benannten Stelle sowie der EUDAMED-Datenbank zur Verfügung gestellt werden (Artikel 86 MDR).
5. Verbindung zu Post-Market Clinical Follow-up (PMCF) nach Artikel 84
Der PMS-Plan muss auch das Post-Market Clinical Follow-up (PMCF) berücksichtigen, das ein wesentlicher Bestandteil der Überwachung nach dem Inverkehrbringen ist.
- PMCF umfasst die systematische Sammlung von klinischen Daten nach der Markteinführung, um die langfristige Sicherheit und Leistung des Produkts zu überwachen.
- Der PMCF-Plan ist Teil des PMS-Plans und muss detailliert beschreiben:
- Die Ziele der klinischen Nachverfolgung.
- Die Methoden zur Datensammlung (z.B. klinische Studien, Registerdaten, Beobachtungsstudien).
- Die Häufigkeit der Datensammlung und -auswertung.
6. Aktualisierung und Dokumentation nach Artikel 84
a) Regelmäßige Aktualisierung des PMS-Plans
- Der PMS-Plan muss regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um:
- Neue Risiken zu berücksichtigen.
- Änderungen im Produktdesign oder in der Verwendung zu integrieren.
- Neue regulatorische Anforderungen zu berücksichtigen.
b) Dokumentation im Qualitätsmanagementsystem (QMS)
- Der PMS-Plan ist Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems (gemäß ISO 13485).
- Die Einhaltung des Plans und die Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen müssen dokumentiert und überprüfbar sein.
7. Berichtsanforderungen im Zusammenhang mit dem PMS-Plan nach Artikel 84
Der PMS-Plan ist die Grundlage für verschiedene Berichte, die im Rahmen der MDR erforderlich sind:
PMS-Bericht (Artikel 85 MDR):
- Für Produkte der Klasse I ist ein PMS-Bericht zu erstellen, der die Ergebnisse der Überwachung zusammenfasst.
Periodischer Sicherheitsbericht (PSUR) (Artikel 86 MDR):
- Für Produkte der Klassen IIa, IIb und III muss ein PSUR erstellt werden, der die Sicherheits- und Leistungsdaten zusammenfasst.
- Der PSUR muss bei hochrisikobehafteten Produkten (Klasse III und implantierbaren Produkten) an die benannte Stelle und die EUDAMED-Datenbank übermittelt werden.
8. Verbindung zu anderen regulatorischen Anforderungen nach Artikel 84
a) Verbindung zum Risikomanagement (ISO 14971)
- Die im PMS-Plan beschriebenen Maßnahmen müssen in den Risikomanagementprozess integriert werden.
- Neue Erkenntnisse aus der PMS müssen in die Risikobewertung einfließen und können zu Designänderungen oder Gebrauchsanpassungen führen.
b) Verbindung zur klinischen Bewertung (Artikel 61 MDR)
- Die PMS-Daten sind ein zentraler Bestandteil der klinischen Bewertung und dienen als Grundlage für die Aktualisierung der klinischen Nachweise.
c) Verbindung zur Vigilanz (Artikel 87 MDR)
- Der PMS-Plan muss Verfahren zur Erkennung und Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld enthalten.
- Die PMS ist ein frühzeitiges Erkennungssystem, das potenzielle Probleme identifiziert, bevor sie zu schwerwiegenden Vorfällen werden.
9. Konsequenzen bei Nichteinhaltung / Artikel 84
- Nichtkonformität mit den Anforderungen des PMS-Plans kann zu schwerwiegenden regulatorischen Konsequenzen führen:
- Rücknahme der CE-Kennzeichnung.
- Produktrückrufe oder Marktzugangsbeschränkungen.
- Bußgelder oder andere rechtliche Maßnahmen durch die zuständigen Behörden.
- Erhöhte Überwachung durch die benannte Stelle.
Unterm Strich:
Der Artikel 84 MDR fordert die Erstellung eines umfassenden Plans für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS-Plan), der sicherstellt, dass Hersteller ihre Produkte nach der Markteinführung systematisch überwachen. Der PMS-Plan ist ein proaktives Instrument, das die Sicherstellung der Sicherheit und Leistung von Medizinprodukten über deren gesamten Lebenszyklus unterstützt. Er ist eng mit anderen regulatorischen Prozessen wie Risikomanagement, klinischer Bewertung und Vigilanz verknüpft. Hersteller müssen sicherstellen, dass der PMS-Plan aktuell, dokumentiert und in das Qualitätsmanagementsystem integriert ist.
PLAN FÜR DIE ÜBERWACHUNG NACH DEM INVERKEHRBRINGEN (PMS-PLAN)
Gemäß Artikel 84 der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR)
1. Einleitung
Dieser Plan für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance, PMS) beschreibt die systematische und proaktive Überwachung des [Produktname], um dessen Sicherheit, Leistung und Qualität während des gesamten Produktlebenszyklus sicherzustellen. Der PMS-Plan ist Teil des Qualitätsmanagementsystems (QMS) des Unternehmens [Herstellername].
2. Ziele des PMS-Plans
- Sicherstellung der kontinuierlichen Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen.
- Identifizierung neuer Risiken oder Änderungen des bekannten Nutzen-Risiko-Profils.
- Bereitstellung von Daten zur Unterstützung der klinischen Bewertung und des Risikomanagements.
- Einleitung von Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen (CAPA), falls erforderlich.
3. Anwendungsbereich
Dieser PMS-Plan gilt für das Produkt [Produktname] der Risikoklasse [I, IIa, IIb, III]. Er umfasst alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Überwachung nach dem Inverkehrbringen in allen Ländern, in denen das Produkt vermarktet wird.
4. Rollen und Verantwortlichkeiten
- Verantwortliche Person gemäß Artikel 15 MDR: [Name der Person], zuständig für die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen.
- Qualitätsmanagementbeauftragter: Verantwortlich für die Integration des PMS-Systems in das QMS.
- Regulatory Affairs: Sicherstellung der Einhaltung von Vigilanz- und Berichterstattungsanforderungen.
- Kundenservice: Erfassung und Dokumentation von Beschwerden und Kundenfeedback.
5. Datensammlungsmethoden
Der Hersteller verwendet sowohl aktive als auch passive Methoden zur Datensammlung:
5.1 Passive Datensammlung:
- Kundenbeschwerden und Rückmeldungen.
- Meldungen über Vorkommnisse gemäß Vigilanzsystem.
- Literaturüberwachung und wissenschaftliche Veröffentlichungen.
- Rückmeldungen von Distributoren und Händlern.
5.2 Aktive Datensammlung:
- Post-Market Clinical Follow-up (PMCF) Studien.
- Umfragen und Interviews mit Anwendern.
- Auswertung von Registerdaten und klinischen Studien.
6. Datenquellen
- Interne Datenbanken (z.B. Beschwerdemanagementsystem).
- Öffentliche Datenbanken wie EUDAMED.
- Fachzeitschriften und wissenschaftliche Literatur.
- Rückmeldungen von benannten Stellen und Gesundheitsbehörden.
7. Datenanalyse und Bewertung
- Häufigkeit: Monatliche Auswertung von Beschwerden und Vorkommnissen, jährliche Überprüfung aller gesammelten Daten.
- Methoden: Statistische Analyse zur Erkennung von Trends und Mustern.
- Kriterien: Bewertung der Daten in Bezug auf das bekannte Nutzen-Risiko-Profil des Produkts.
8. Risikobewertung und Korrekturmaßnahmen
- Integration in das Risikomanagement: Aktualisierung der Risikomanagementakte gemäß ISO 14971 bei neuen Erkenntnissen.
- Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen (CAPA): Einleitung geeigneter Maßnahmen bei identifizierten Problemen.
- Kommunikation: Information der benannten Stelle und zuständigen Behörden über schwerwiegende Vorkommnisse.
9. Berichterstattung
- PMS-Bericht (für Klasse I Produkte): Jährliche Aktualisierung und Bereitstellung auf Anfrage.
- Periodischer Sicherheitsbericht (PSUR) (für Klasse IIa, IIb, III Produkte):
- Klasse IIa: Mindestens alle zwei Jahre.
- Klassen IIb und III: Jährlich, Einreichung bei der benannten Stelle und Veröffentlichung in EUDAMED.
10. Integration mit anderen Systemen
- Klinische Bewertung: Die im Rahmen des PMS gesammelten Daten fließen in die kontinuierliche klinische Bewertung gemäß Artikel 61 MDR ein.
- Vigilanzsystem: Eng verknüpft mit dem Vigilanzsystem zur Meldung und Nachverfolgung von Vorkommnissen (Artikel 87 MDR).
- Qualitätsmanagementsystem (QMS): Der PMS-Plan ist in das QMS integriert und wird regelmäßig überprüft.
11. Schulung und Kompetenz
- Schulung aller beteiligten Mitarbeiter über die Anforderungen und Verfahren des PMS-Systems.
- Regelmäßige Überprüfung der Kompetenz und Schulungsbedürfnisse.
12. Überprüfung und Aktualisierung des PMS-Plans
- Der PMS-Plan wird mindestens einmal jährlich überprüft und bei Bedarf aktualisiert.
- Gründe für Aktualisierungen:
- Neue regulatorische Anforderungen.
- Änderungen am Produktdesign oder Herstellungsprozess.
- Neue Erkenntnisse aus der Überwachung nach dem Inverkehrbringen.
13. Schlussfolgerung
Der PMS-Plan stellt sicher, dass das Produkt [Produktname] kontinuierlich überwacht wird, um dessen Sicherheit und Leistung zu gewährleisten. Die im Rahmen dieses Plans gesammelten Daten tragen zur Verbesserung des Produkts und zum Schutz der Patienten und Anwender bei.
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